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Aus der Bahn geraten – Umgang mit auffälligen Azubis

Was bedeutet eigentlich „auffällig“?

Gewisse Auffälligkeiten sind bei allen Menschen jeder Altersgruppe normal. Das liegt an unserer Individualität und Vielfalt – zum Beispiel in Bezug auf Mode, Aussehen, Figur, Motorik, Einstellungen, Wertvorstellungen usw. Doch wann werden diese „Auffälligkeiten“ tatsächlich problematisch? Immer dann, wenn Menschen von einer gewissen Norm abweichen, gelten sie als „auffällig“. Betrifft es das Verhalten, ist oft von „Verhaltensauffälligkeiten“ die Rede, die im psychosozialen Bereich in der Regel negativ konnotiert sind. Diese Norm wird in erster Linie von der erwachsenen Mehrheitsgesellschaft definiert und ist in ihrer Eindeutigkeit nur schwer greif- und beschreibbar.

 

Wie viele Jugendliche sind „auffällig“?

Das Robert Koch-Institut (RKI) hat eine Langzeitstudie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland durchgeführt. In mehreren Erhebungswellen befragte das RKI Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit ständigem Wohnsitz in Deutschland zu ihrem allgemeinen Gesundheitszustand. Teil der Befragung war auch die Erfassung psychischer Auffälligkeiten wie emotionale Probleme, Schwierigkeiten mit Gleichaltrigen, Verhaltensprobleme und sogenannte Hyperaktivität.

Bei der Altersgruppe der 14–17-Jährigen wurden im Zeitraum 2014–2017 Auffälligkeiten bei 14,6 Prozent der weiblichen und 12,2 Prozent der männlichen Jugendlichen festgestellt.

 

Warum werden junge Menschen „auffällig“ und was hat das für Folgen?

Ein klarer Indikator ist der sozioökonomische Hintergrund der Familie. Fast jedes vierte Mädchen und beinahe jeder dritte Junge mit psychischen Auffälligkeiten stammt aus einer sozioökonomisch benachteiligten Familie. Umgekehrt sind gemäß derselben Studie nur etwa jedes fünfzehnte Mädchen und jeder achte Junge aus Familien mit hohem sozioökonomischen Status psychisch auffällig.

Jungen mit Auffälligkeiten zeigen häufig nach außen gerichtete Emotionen und Verhaltensprobleme, die für andere sichtbar sind. Mädchen hingegen richten diese Auffälligkeiten eher nach innen und neigen zu Traurigkeit, Angst, Rückzug, Selbstverletzungen oder Essstörungen.

In der Adoleszenz durchlaufen junge Menschen zudem eine grundlegende Reifung – sowohl körperlich als auch geistig. Das Gehirn erfährt eine umfassende Umstrukturierung. Psychisch gesehen geht es oft darum, sich emotional von den Eltern zu lösen und eine Akzeptanz der eigenen Persönlichkeit zu erreichen.

 

Auswirkungen von „Auffälligkeiten“ für die Ausbildung

Viele Jugendliche mit erkannten Auffälligkeiten wechseln nach ihrer Schulzeit in spezielle Ausbildungsangebote, die nach § 66 Berufsbildungsgesetz (BBiG) und § 42m Handwerksordnung (HwO) geregelt sind. Dort erhalten sie sozialpädagogische oder therapeutische Unterstützung durch Fachleute mit besonderer Qualifikation. Ziel ist häufig ein Fachpraktiker:in-Beruf, der später den Einstieg in den Regelberuf ermöglichen kann.

Problematisch ist, dass zahlreiche Jugendliche mit psychischen Auffälligkeiten keine Therapie in Anspruch nehmen. Sie treten nach der Schule eine Ausbildung in regulären Betrieben und Berufsschulen an. Dort fallen sie zum Beispiel durch aggressives Verhalten, Unpünktlichkeit, Disziplinlosigkeit, mangelnde Motivation, Sprachlosigkeit oder starken Rückzug auf. Lehrkräfte und Ausbilder:innen stoßen dabei häufig an ihre Grenzen, da sie in der Regel keine therapeutische Ausbildung besitzen.

 

Was Sie als Ausbilder:in tun können, um Ihre Auszubildenden zu unterstützen

Tipp 1: Ergreifen Sie vertrauensbildende Maßnahmen ohne Zeitdruck

Gute und regelmäßige Gespräche bilden die Grundlage für Vertrauen. Das braucht Zeit. Junge Menschen fühlen sich dabei oft sprachlos und haben Erwachsenen gegenüber wenige Ideen oder Argumente. Bei meinen Trainings führe ich häufig Gespräche mit jungen Menschen und stelle gezielt Fragen zu Themen aus ihrer Lebenswelt – zum Beispiel zu aktuellen Trends.

Jugendliche reagieren sehr sensibel auf kleinste Reaktionen oder Nicht-Reaktionen. Diese werden leicht überbewertet, weil sie intensiv danach suchen. So entsteht häufig Verunsicherung, die selten offen angesprochen wird.

Zeigen Sie ehrliche Wertschätzung für die jungen Menschen. Das mindert Unsicherheiten und Unzufriedenheiten, die sich sonst durch Destruktivität, Aggressivität oder Rückzug äußern können.

 

Tipp 2: Führen Sie offene Gespräche über Musik ohne Wertungen

Musik – etwa Deutschrap oder Speedcore (Sammelbegriff für sehr schnelle Varianten des Hardcore Techno mit über 500 Beats per Minute) – bietet ein hohes Kompensationspotenzial. Viele Jugendliche konsumieren sie exzessiv und teils gesundheitsschädigend. Menschenverachtende Texte vermitteln düstere Geschichten und Gefühle, außerdem kann die auditive Reizüberlastung neuronale Auswirkungen haben. Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, mir die jeweilige Musikrichtung und ihre Texte direkt von den Jugendlichen erklären zu lassen. Aus ihrem Mund klingt vieles harmloser und spiegelt oft ihre eigene Subkultur wider – ähnlich wie Rock- oder Beatmusik in früheren Generationen.

Suchen Sie auf diese Weise einen beziehungsfördernden Zugang und eröffnen Sie weitere Gespräche, ohne vorschnell zu urteilen. Bleiben Sie wertfrei.

 

Tipp 3: Stellen Sie offene Fragen nach der Zukunft ohne Belehrungen

Für diesen Artikel habe ich mit Angus (16 J.), Daniils (15 J.), Alexander (17 J.) und Moritz (17 J.) gesprochen. Sie alle befinden sich in einer betrieblichen Vorbereitungsphase in einem betreuten Handwerksbetrieb, um sich an eine geregelte Tagesstruktur zu gewöhnen.

Anfangs fiel es ihnen schwer, sich mitzuteilen. Doch über das Thema Musik öffneten sie sich. Dabei berichteten sie auch, dass die geforderte Pünktlichkeit ihre größte Herausforderung darstellt und sie es störend finden, wenn andere Jugendliche die Arbeit nicht ernst nehmen. Gleichzeitig äußerten sie klare Zukunftsvorstellungen. Sie möchten trotz ihrer „Auffälligkeiten“ einen guten Job, gutes Geld, eine eigene Wohnung und später eine Familie.

Bringen Sie die jungen Menschen dazu, eigene Wünsche positiv zu formulieren. Mit selbst definierten Motiven und Zielen fällt es leichter, Jugendliche mit Auffälligkeiten in ihre Eigenverantwortung zu nehmen und sie gezielt zu fördern. Bleiben Sie dabei stets ansprechbar.

 

Fazit

Der Blog-Beitrag hat weiterhin Relevanz, da die thematisierten Aspekte – von der Definition und Häufigkeit psychischer Auffälligkeiten bis hin zu konkreten Tipps für Ausbildende – nach wie vor große Bedeutung haben. Die Aussagen sind wissenschaftlich fundiert, vor allem durch die Referenzierung der RKI-Langzeitstudie sowie durch allgemein anerkannte entwicklungspsychologische Erkenntnisse. Ergänzungen mit neueren Studienergebnissen könnten den Beitrag aktualisieren, ohne jedoch seine Kernaussagen zu widerlegen.

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