Vorübergehende Betriebsschließungen, verschobene Prüfungen, Homeoffice, eingeschränkter Betrieb an Berufsschulen, Kurzarbeit: Die Corona-Krise stellt die mehr als 400.000 Ausbildungsbetriebe in Deutschland vor enorme Herausforderungen. Besonders in Tourismus und Gastronomie, im Kultur- und Veranstaltungsbereich, aber auch in Handwerk und Industrie. Nach dem Lockdown werden aktuell die wirtschaftlichen Folgen der Krise deutlich, das spiegelt sich auf dem Ausbildungsmarkt wider.
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Was Sie jetzt tun können, um Ihre Ausbildung zu stabilisieren:
- Weiter ausbilden, gegebenenfalls in anderer Form. Sichern Sie sich langfristig die richtigen Fachkräfte.
- Fokus verschieben: Weniger Arbeit, mehr Zeit für Schulungen und die Vermittlung überfachlicher Skills.
- Update für Ausbilder: Die Arbeitswelt ist im Wandel, das gilt auch für die Berufsausbildung.
1. Weiter ausbilden. Sichern Sie sich langfristig die richtigen Fachkräfte.
Ausbildung ist die beste Investition gegen den Fachkräftemangel. Die Allianz für Aus- und Weiterbildung setzt sich dafür ein, die Auswirkungen der aktuellen Krise auf die duale Ausbildung abzufedern. Das Bundeskabinett hat eine Ausbildungsprämie für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) beschlossen. Das Ziel: Die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze möglichst stabil halten und eine zusätzliche Verschärfung des Fachkräftemangels in diversen Branchen zu verhindern. Unternehmen mit bis zu 249 Beschäftigten, die von der Pandemie erheblich betroffen sind und ihr Ausbildungsniveau halten, sollen 2020 für jeden abgeschlossenen Ausbildungsvertrag einen einmaligen Zuschuss von 2000 Euro erhalten. Die Prämie steigt auf 3.000 Euro, falls noch mehr Ausbildungsplätze angeboten werden. Eine finanzielle Förderung gibt es auch dann, wenn ein Betrieb Kurzarbeit für Lehrlinge vermeidet oder Auszubildende aus insolventen Betrieben übernimmt.
Ausbildungsprämie und andere Hilfen – Anträge und weitere Informationen:
Die Bundesregierung unterstützt die Ausbildung in Krisenzeiten mit dem Förderprogramm „Ausbildungsplätze sichern“. Wir haben alle wichtigen Anlauf- und Informationsstellen für Sie zusammengefasst:
- Ausbildungsprämie und Ausbildungsprämie plus für kleine und mittlere Unternehmen
- Zuschuss zur Ausbildungsvergütung
- Übernahmeprämie für Insolvenzlehrlinge
- FAQ – Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“
- Aktionsplan Ausbildung für Niedersachsen
- Informationen zur Verbundausbildung
Ausbildung bei geringer Auslastung oder Kurzarbeit
Denken Sie auch in der Krise an Ihren zukünftigen Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften. Bei mangelnder Auslastung oder einem Wegfall bestimmter Tätigkeiten kann der Ausbildungsplan umgestellt, theoretische Lerninhalte oder Schulungen können vorgezogen werden. Bringen Sie Ihre Azubis dahin, wo sie etwas lernen können: Andere Abteilungen, interdisziplinäre Projekte, Hospitationen. Auch eine Ausbildung in Teilzeit oder eine Ausbildung im Verbund ist möglich.
Betriebe, die Teile ihrer Ausbildung nicht erbringen können oder sich zum Start des Ausbildungsjahres nicht in der Lage sehen, ihre Ausbildung zu beginnen, können diese temporär an einen Verbundbetrieb oder einen Bildungsdienstleister übertragen. Azubis aus kleineren Einzelhandelsgeschäften können zeitweise in größeren Geschäften oder Supermärkten beschäftigt werden, Azubis aus der Veranstaltungstechnik zum Beispiel in Elektrobetrieben weiter lernen.
Der Krise flexibel begegnen – z.B. bei Ausbildungsstart und Onboarding
Sie brauchen noch etwas Zeit, um Entscheidungen hinsichtlich Ihres
Ausbildungsangebotes zu treffen – oder haben in der aktuellen Situation
noch nicht die richtigen Auszubildenden gefunden? Je nach Branche gibt es unterschiedliche Termine für den Ausbildungsstart, nutzen Sie die Ihnen zur Verfügung stehenden Optionen und Spielräume. Alles anders – das gilt aktuell auch für die berufliche Ausbildung. Prüfen Sie deshalb Ihre Spielräume und Optionen.
Krisenzeiten können den „normalen“ Ausbildungsalltag durcheinanderwirbeln: Betriebsschließungen, digitaler Berufsschulunterricht, Kontaktbeschränkungen im Betrieb, Homeoffice. Deshalb werden Kommunikation sowie gezielte Pre- und Onboardingmaßnahmen immer wichtiger. Ihre Entscheidung ist für einen Bewerber ist gefallen? In der aktuellen Situation ist es besonders wichtig, künftigen Auszubildenden, Sicherheit um ihren neuen Ausbildungsplatz vermitteln. Schaffen Sie mit guten Preboarding-Maßnahmen Vertrauen und Vorfreude auf den Ausbildungsbeginn. Dazu können Maßnahmen gehören wie: regelmäßige Informationsschreiben zur aktuellen Situation, Benennung eines Paten oder festen Ansprechpartners für Fragen, Informationen zur Ausbildung (Berufsschule; Ausbildungsplan/Infos zu den ersten Ausbildungsstationen usw.) oder eine Welcomebox.
Auch ein gut geplantes Onboarding kann Betrieben und Auszubildenden dabei helfen, erfolgreich in die Ausbildung zu starten und sich wohl und Willkommen zu führen. Dies kann auch digital geschehen. Mit Einführungs- und Austausch-Terminen, Informationspaketen, E-Learning-Elementen. Wichtig und schön für jeden Auszubildenden: Gerade in der Startphase verlässliche Ansprechpartner zu haben, an die man sich vertrauensvoll wenden kann: d.h. Ausbildungsverantwortliche, Mentor*in oder Ausbildungspate*in.
2. Fokus verschieben: Weniger Arbeit, mehr Zeit für die Entwicklung überfachlicher Skills.
Nutzen Sie Kurzarbeit oder ein geringeres Arbeitsaufkommen für Schulungen und gezielte Kompetenzentwicklung. Das gilt nicht nur für Azubis, sondern auch für Ausbilder (s. u.). Ob durch Inhouse-Trainings, E-Learning, Projekte oder Stützunterricht – ob Sie die personellen, sozialen oder methodischen Kompetenzen Ihrer Auszubildenden gezielt stärken und fördern wollen, wissen Sie am besten.
Im Netz finden Sie Plattformen und Onlineangebote, die das fachliche Lernen mit digitalen und multimedialen Lern- und Lehrangeboten unterstützen. In einzelnen Berufen gibt es bereits Anwendungen für „social virtual learning“ (SVL), wie zum Beispiel in der Druck- und Medienbranche. In einer virtuellen Umgebung können Lernende Arbeitsprozesse unmittelbar und interaktiv an einer virtuellen Druckmaschine erleben.
Damit kennen Sie sich nicht aus? Dann ist der folgende Punkt für Sie besonders wichtig.
3. Update für Ausbilder. Die Arbeitswelt ist im Wandel, das gilt auch für die Berufsausbildung.
Eine aktuelle IW-Studie zeigt: Zwar setzen 85 Prozent der deutschen Unternehmen digitale Lernmedien in der dualen Ausbildung ein, doch nur knapp vier Prozent tun dies strategisch. Nutzen Sie den Moment, um sich selbst/Ihre Ausbilder für neue Anforderungen im digitalen Wandel zu qualifizieren und Ihre Ausbildung zukunftsgerecht zu gestalten.
Ausbildung remote? Hier kommt es auf Soft Skills an, digitale wie kommunikative. Wenn Sie als Ausbilder*in und Ihre Azubis pandemiebedingt im Homeoffice arbeiten, ist es wichtig, engen Kontakt zu halten und das Arbeiten und Lernen im Homeoffice zu begleiten. Hierfür gibt es Tools wie Microsoft Teams, Slack, Circuit, Zoom oder Skype. Mit diesen Programmen sind Videotelefonate bzw. Konferenzen mit mehreren Teilnehmern möglich. Außerdem bieten sie Chatfunktionen und die Option, gemeinsam auf den Bildschirm der Auszubildenden zu blicken.
In der Berufsschule und im Betrieb sind Ihre Azubis normalerweise in Strukturen eingebunden, die es im Homeoffice nicht gibt. Begleiten Sie Ihre Auszubildenden dabei, die Tage zu strukturieren und den Lernstoff einzuteilen. Z.B. durch einen Wake-up-call oder eine wöchentliche Ausbildungssitzung. Nicht Lern-Kontrolle sollte hier im Vordergrund stehen, sondern Lernprozessbegleitung. Zeigen Sie Vertrauen für das selbstständige Lernen und Arbeiten Ihrer Azubis und bieten Sie bei Schwierigkeiten Unterstützung an.
Ob im Homeoffice oder Betrieb: Krisenzeiten sind Kommunikationszeiten. Wie fühlen sich Ihre Auszubildenden in der Krise, spüren sie Unsicherheit oder Zukunftsängste? Als Ausbilder sollten Sie eng im Gespräch mit Ihren Auszubildenden sein. Mit einer regelmäßigen gemeinsamen (digitalen) Kaffeepause, in der Sie nicht über Arbeitsaufgaben sprechen, bieten Sie die Gelegenheit für einen informellen und persönlichen Austausch und stärken das Zusammengehörigkeitsgefühl unter Ihren Auszubildenden.
Was sollte ein Ausbilder 4.0 können?
- Integration neuer inhaltlicher Anforderungen in die Ausbildungsabläufe
- Einbindung digitaler Lernmedien und -methoden in den Ausbildungsalltag
- Individuelle Förderung fachlicher und personaler Kompetenzen bei Auszubildenden
- Erneuerung des eigenen Rollenverständnisses (vom Lehrenden zum Lernbegleiter)
Dafür haben Sie weder Zeit noch Geld? Mit dem Projekt Netzwerk Q 4.0 fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Qualifizierung von Ausbildern im digitalen Wandel, in Niedersachsen ist das BNW für die Projektumsetzung verantwortlich. Ausbilder und Unternehmen werden im Netzwerk Q 4.0 beraten und können ihren individuellen Weiterbildungsbedarf einbringen – im Gegenzug erhalten sie frischen fachlichen wie methodischen Input. Mit vier Koordinierungsstellen in Niedersachsen fördert das BNW in dem Projekt daneben den unternehmensübergreifenden Austausch und die fachliche Vernetzung von Ausbildern.
So profitieren Sie vom Netzwerk Q 4.0:
- Kostenfreie Teilnahme an passgenauen Qualifizierungsangeboten
- Ausprobieren innovativer Lehr-/ Lernmedien
- Starthilfe für die Anwendung neuer digitaler Lernformate und -prozesse im Betrieb
- Stärkung der eigenen Rolle und Position im Unternehmen
- Steigerung der Attraktivität als ausbildendes Unternehmen
- Sicherung künftiger Fachkräfte und Stärkung der eigenen Marktposition
Ihr Ansprechpartner für das “Netzwerk Q 4.0” beim BNW
Martin Kater
Projektkoordinator
Tel.: 0151 55445707
Mail: martin.kater@bnw.de