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Azubis begleiten aus dem Homeoffice

Azubis begleiten aus dem Homeoffice

Die Corona-Pandemie stellt die Ausbildung in Unternehmen vor große Herausforderungen. Während der Handel und das Hotel- und Gaststättengewerbe ihre Betriebe teils monatelang schließen mussten, schickten Unternehmen aus anderen Branchen ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit oder ins Homeoffice. Gleichzeitig sind die Berufsschulen teilweise geschlossen, nur 33 Prozent der Auszubildenden konnten während dieser Zeit gemeinsam online lernen. In Niedersachsen wurden 2020 zwölf Prozent weniger Ausbildungsverträge als im Vorjahr geschlossen, viele bewährte Formate zur beruflichen Orientierung fallen weg oder sind unter den aktuellen Bedingungen nicht gleichwertig umsetzbar. Um ausbildende Unternehmen in der aktuellen Situation zu unterstützen, hat die Bundesregierung das Förderprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ aufgelegt (hier finden Sie eine Übersicht über die aktuellen Fördermöglichkeiten). [toc]

Schule dicht, Homeoffice – für manche der neue Ausbildungsalltag

Aus einer Ausnahmesituation ist für viele Alltag geworden: Seit über einem Jahr arbeiten immer mehr Menschen von zuhause aus, das gilt in manchen Branchen auch für Ausbilder und Azubis. Einen Beruf im Homeoffice erlernen? Vor Corona undenkbar. Und auch jetzt gilt: Grundsätzlich sollten Azubis nicht im Homeoffice arbeiten. Ausbildende haben nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) die Pflicht, berufliche Handlungskompetenzen zu vermitteln, in den meisten Fällen erfordert dies die Anwesenheit der Auszubildenden im Ausbildungsbetrieb. Bevor Sie ihre Auszubildenden im Homeoffice arbeiten lassen, sollten ausbildendende Unternehmen deshalb immer erst alle anderen Optionen prüfen: Eine Umstellung des Ausbildungsplans, den Einsatz in anderen Abteilungen oder die Versetzung in eine Lehrwerkstatt, in der die Ausbildung fortgesetzt werden kann. Ist das alles nicht möglich, können Sie Ihre Auszubildenden ausbildungsrelevante Aufgaben oder Projekte auch von zu Hause aus bearbeiten lassen. Das heißt fast immer, sie digital lernen und arbeiten zu lassen.

Pandemiebedingt findet die duale Ausbildung vielfach in einem veränderten Rahmen mit neuartigen Methoden, Techniken und Inhalten statt. Die Digitalisierung der Ausbildung erhält dadurch einen Schub. In Niedersachsen berät und begleitet das Netzwerk Q 4.0 kleine und mittlere Unternehmen dabei, ihre Ausbildung im digitalen Wandel zukunftsgerecht zu gestalten und neue Lernmethoden in die Ausbildung zu integrieren.

Neben den digitalen Lern-, Kommunikations- und Kollaborationstools, die Sie als Ausbilder oder ausbildendes Unternehmen nutzen können, kommt es im Homeoffice besonders darauf an, dass Sie Ihre Auszubildenden aktiv begleiten. Denn klar ist: Ausgesucht hatten sich Ihre Azubis ein anderes Lernsetting.

5 Tipps für Tools, Erfahrungsaustausch und mehr Motivation

Wir geben Ihnen 5 Tipps für Tools, Erfahrungsaustausch und mehr Motivation.

1. Daily oder wake-up call: Auszubildende virtuell führen

In Berufsschule und Betrieb sind Ihre Auszubildenden in Strukturen eingebunden, die es im Homeoffice nicht gibt. Die Jugendlichen müssen sich stärker selbst organisieren. Dem einen liegt das, dem anderen nicht. Unterstützen Sie Ihre Auszubildenden, indem Sie engen Kontakt halten, gemeinsame Rituale etablieren und die Arbeit im Homeoffice intensiv begleiten. Die virtuelle Ausbildung braucht mehr Raum als die Führung erfahrene Mitarbeiter, deshalb ist Vertrauen hier wichtig. Begleiten Sie Ihre Azubis, aber kontrollieren Sie sie nicht, das fördert die Lust am selbstständigen Lernen und Arbeiten. Starten Sie mit einem täglichen Daily oder einem „wake-up call“ gemeinsam in den Tag und verbringen Sie regelmäßig die Mittags- oder Kaffeepause gemeinsam – das geht auch virtuell und gibt Ihren Auszubildenden Halt und Orientierung. Wichtig dabei, auch mal nicht über Arbeitsthemen zu sprechen und herauszuhören, wie es den Auszubildenden geht.

Ebenfalls wichtig: Begleiten Sie Ihre Auszubildenden im Lernprozess, geben Sie regelmäßig positives Feedback und bieten Sie Ihre Unterstützung bei Schwierigkeiten an. Auch Dinge, die nicht so gut geklappt haben, sollten Sie unbedingt gemeinsam besprechen und die Erfahrungen in den Lernprozess integrieren.

2. Mikro an, Kamera läuft: Kommunikation im Homeoffice

Der regelmäßige Austausch mit Auszubildenden ist im Homeoffice besonders wichtig. Machen Sie Online-Meetings zur Routine. Die Kommunikation über Videotelefonate bzw. -konferenzen lässt sich gut über Programme wie Microsoft Teams, Slack, Circuit, Zoom oder Skype realisieren. Mit Jitsi, Bigbluebotton und Openmeetings gibt es diese Tools auch als kostenfreie Open-Source-Programme. Als Ausbilder sind Sie Vorbild: Schalten Sie die Kamera bei Videokonferenzen an und machen Sie dies für alle zum Standard, das schafft Nähe. Ihre Auszubildenden sollten also über technische Geräte mit Kamera und Mikrofon verfügen, damit sie aktiv in den Dialog gehen können. Die meisten Kommunikations- und Kollaborationstools bieten eine Chatfunktion, Möglichkeiten zum Dateienaustausch und die Option, den Bildschirm zu teilen, d.h. für alle sichtbar zu machen.

Mit einer Online-Sprechstunde geben Sie Ihren Auszubildenden die Möglichkeit, Fragen zu stellen und mögliche Probleme zu besprechen. Der feste Termin macht klar: Hier habt ihr meine volle Aufmerksamkeit. In wöchentlichen Ausbildungssitzungen können Sie mit allen Auszubildenden gemeinsam die Aufgaben für die Woche durchgehen, auf fachliche und überfachliche Themen eingehen oder die allgemeine Stimmungslage checken. Ein Icebreaker zum Einstieg kann zum Beispiel sein, dass jeder spontan zwei Gegenstände sucht und in die Kamera hält: einen, der für die Arbeit steht, einen für die Freizeit – so kommen Sie mit Ihren Azubis ins Gespräch.

3. Digital gemeinsam: Tools und Methoden für die virtuelle Ausbildung

Vielen Beschäftigten fehlt im Homeoffice das soziale Miteinander. Doch Teambuilding funktioniert auch virtuell. Für kreative Gruppenarbeit gibt es digitale Whiteboards wie Mural, Mio oder Conceptboard. Das sind visuelle Arbeitsflächen, auf denen Teams zusammenkommen, Ideen brainstormen, gemeinsam an Projekten arbeiten und die Ergebnisse am gleichen Ort dokumentieren. Lassen Sie Ihre Azubis mit diesen Tools arbeiten oder setzen Sie sie selbst ein. Nach darbietenden Methoden wie Kurzvortrag oder Präsentation via Videokonferenz können Ihre Azubis alle zeitgleich mit diesen Tools arbeiten und Ideen sammeln. Für Live-Feedback und interaktive Quizzes eigenen sich Tools wie Mentimeter oder Microsoft Forms. Auch Unterrichtseinheiten und Demonstrationen, z.B. von Vorgehensweisen in oder mit einem neuen Programm, sind über Videokonferenzen und geteilte Bildschirme möglich. Integrieren Sie Ihre Auszubildenden dabei aktiv über die genannten Whiteboards. Mit dem Programm TeamViewer können Sie einen entfernten Computer fernsteuern und Auszubildenden aktiv bei der Lösung einer Aufgabe direkt auf ihrem bzw. seinem Computer helfen.

In Moderationssituationen können Sie das Padlet nutzen und Besprochenes auf einzelnen “Post its” visualisieren oder Aufgaben in einem Kanban-Board direkt nach Ablauf, Zuständigkeiten etc. sortieren. Padlets eignen sich auch für Wochenpläne, in denen Sie für jeden Wochentag Infos, Aufgaben, Videos und Links an eine virtuelle Pinnwand heften. Auch im Rahmen der Teamarbeit können Ihre Auszubildenden diese Tools nutzen, Aufgaben sammeln, Dokumente hochladen, Links hinterlegen, Zeitpläne machen.

VR, AR, 360-Grad-Videos

Virtuell Speisen zubereiten statt in der Küche eines Restaurants? Ja, auch so etwas geht. Mit Technologien wie Virtual und Augmented Reality oder 360-Grad-Videos erhalten Sie neue Optionen für das Lernen im Rahmen der Ausbildung. Mit VR-Brillen können Azubis virtuell Hähnchen braten, Baustellen besichtigen oder Reparaturen an Maschinen durchführen. Auch Geräte, die es im eigenen Ausbildungsbetrieb vielleicht noch nicht gibt, lassen sich so kennenlernen.

4. Botschafter, Projekt oder Challenge? Stärken Sie die Motivation Ihrer Azubis

Das Homeoffice kann schlauchen und  die Motivation drücken: Geben Sie Ihren Azubis Raum für interessante Aufgaben. Vielleicht gibt es in der aktuellen Situation interne Projekte oder andere Unternehmensbereiche, in denen Ihre Auszubildenden sinnvoll unterstützen können – das fördert die unternehmensinterne Vernetzung und die Kontakte Ihrer Azubis. Stärken können Sie sie auch, indem Sie gezielt ihre Potenziale nutzen. Dazu zählt häufig digitales Know-how. Binden Sie Ihre Azubis bei der Auswahl digitaler Lernmedien in das digitale Ausbildungsmarketing oder für das gesamte Unternehmen als Digitalisierungsbotschafter sein.

Eine kleine Challenge gefällig? Für Planspiele gibt es gute Online-Möglichkeiten mit einem breiten thematischen Spektrum, sowohl für einzelne Azubis als auch für Gruppen. Auch unternehmensintern lässt sich so etwas aufsetzen. Lassen Sie Ihre Azubis Konzepte oder Prototypen entwickeln und einer unternehmensinternen Jury präsentieren. Klar, dass es dafür kleine Incentives geben sollte.

5. Virtuelle Events und Teambuilding

Wollen Sie das Zusammengehörigkeitsgefühl Ihrer Auszubildenden stärken, bieten sich virtuelle Events an. Hierfür gibt es mittlerweile auch digital unzählige Optionen. Zum Beispiel Escape-Rooms, bei denen Ihre Auszubildenden eine Reihe von Rätseln lösen müssen, die mit einer spannenden Geschichte verknüpft werden. Ziel ist es, als Team gemeinsam alle Rätsel innerhalb der festgelegten Zeit (60 – 120 Minuten) zu lösen, um aus einem Raum zu entkommen. So was ist nicht Ihr Ding? Macht nichts, es geht auch einfacher. Spielen Sie eine Runde Stadt, Land, Fluss mit Ihren Auszubildenden und integrieren Sie Kategorien mit Unternehmens- oder Fachbezug – oder verabreden Sie sich einfach zum gemeinsamen Feierabenddrink.

Digitale Lernformen strategisch verankern

Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass es im deutschen (Aus-)Bildungssystem mehr Raum für Digitalthemen braucht. Die gewonnen Erfahrungen können ein Anstoß für die Erneuerung von Ausbildungsprozessen sein. Mit gezielten Weiterbildungen macht das Netzwerk Q 4.0 in Niedersachsen Ausbilderinnen und Ausbilder für diese Aufgabe fit.

Ihr Ansprechpartner für das “Netzwerk Q 4.0” beim BNW

Martin Kater
Projektkoordinator
Tel.: 0151 55445707
Mail: martin.kater@bnw.de

Azubis und Home-Office – Geht das überhaupt?

Person mit lockigem Haar, Brille und blau-weiß gestreiftem Hemd, die vor einem gekachelten Hintergrund lächelt und stolz ihre Ausbildung zur Schau stellt.
Kerstin Engel
Redakteurin - Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft (BNW)

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