Die Berufliche Orientierung von Schüler:innen ist seit Jahren ein zentraler Baustein im deutschen Bildungssystem. Doch insbesondere in berufsbildenden Schulen (BBS) sehen sich Lehrkräfte oft mit der Herausforderung konfrontiert, die vielfältigen Bedarfe ihrer Schüler:innen mit praxisnahen und zugleich zielgruppenspezifischen Angeboten zu verbinden. Hier setzt das Projekt „Zusätzliche Berufliche Orientierung“ an, das vom Niedersächsischen Kultusministerium in Kooperation mit dem Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft (BNW) und der Universität Osnabrück ins Leben gerufen wurde. Es zielt darauf ab, den Übergang von der Schule in den Beruf durch innovative Ansätze und eine intensive Zusammenarbeit mit regionalen Partner:innen zu verbessern.
Der innovative Ansatz des Projekts
Das Projekt „Zusätzliche Berufliche Orientierung“ verbindet wissenschaftliche Expertise mit den Anforderungen der Praxis. Ziel ist es, Module zu entwickeln, die sowohl den Lehrkräften als auch den Schüler:innen konkrete Unterstützung bieten. Besonders im Fokus stehen die Schüler:innen der Berufseinstiegsschule (BES) und der einjährigen Berufsfachschule (1-j.-BFS). Diese Zielgruppen, die oft vor besonderen Herausforderungen beim Übergang in den Beruf stehen, profitieren von einer praxisorientierten Gestaltung der Module.
Die Inhalte der Module reichen von der Auseinandersetzung mit persönlichen Stärken und beruflichen Interessen bis hin zur praxisnahen Erprobung beruflicher Tätigkeiten. Neu ist dabei nicht nur die gezielte Einbindung regionaler Besonderheiten, sondern auch der Einsatz innovativer Formate wie der Arbeit mit Künstlicher Intelligenz (KI) und Peer-to-Peer-Lernmethoden. Die enge Zusammenarbeit mit der Berufsberatung der Arbeitsagenturen und regionalen Unternehmen stellt sicher, dass die entwickelten Inhalte auch langfristig umsetzbar und auf die Bedürfnisse der lokalen Arbeitsmärkte abgestimmt sind.
Ergebnisse der Erprobung: Was können Lehrkräfte erwarten?
Im Rahmen der ersten Erprobungsphase im Schuljahr 2022/2023 wurden bereits 18 Fokusschulen einbezogen. Die modulare Struktur des Programms erwies sich als besonders erfolgreich: Sie erlaubt eine individuelle Anpassung an die Bedürfnisse der Klassen und integriert sowohl verpflichtende als auch wählbare Module. Dabei starteten alle Klassen mit einem gemeinsamen Kickoff-Modul, das in Präsenz stattfand und die Grundlage für die nachfolgenden Einheiten legte. Die Mischung aus Präsenz- und Online-Modulen erwies sich dabei als flexibel und zielgruppengerecht.
Mit der zweiten Erprobungsphase im Schuljahr 2023/2024 wurde der Fokus auf die Zielgruppen BES und 1-j.-BFS weiter geschärft. Hierbei kamen 16 Module zum Einsatz, die den gesamten Prozess der Beruflichen Orientierung abbilden – von der Reflexion persönlicher Stärken bis hin zur konkreten Planung des Berufseinstiegs. Besonders positiv ist die Praxisnähe der Module hervorzuheben, die in mindestens 50 % der Einheiten gegeben ist. Damit wurde der Spagat zwischen theoretischer Wissensvermittlung und praktischer Anwendung erfolgreich gemeistert.
Nachhaltigkeit und Perspektiven: Berufliche Orientierung als langfristige Aufgabe
Einer der größten Erfolge des Projekts ist die nachhaltige Verankerung der entwickelten Module. Ziel ist es, dass Schulen und externe Bildungsträger das Programm auch nach dem Ende der Projektlaufzeit eigenständig weiterführen können. Hierfür wurde eine wissenschaftlich fundierte Handreichung erarbeitet, die alle Module, ihre Umsetzung und mögliche Anpassungen detailliert beschreibt. Diese Handreichung dient als wertvolle Unterstützung für Lehrkräfte, um die Inhalte gezielt in ihren Unterricht zu integrieren und die Berufliche Orientierung an ihren Schulen nachhaltig zu etablieren. Die Handreichung steht hier zum Download bereit.
Besonders bemerkenswert ist, dass in den Schuljahren 2022/2023 und 2023/2024 insgesamt 2.183 Schüler:innen von den Angeboten profitieren konnten. Diese beeindruckende Zahl zeigt, wie groß der Bedarf an solcher Unterstützung ist – und wie wirkungsvoll sie gestaltet werden kann.
Warum dieses Projekt für Lehrkräfte relevant ist
Für Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen bietet das Projekt „Zusätzliche Berufliche Orientierung“ zahlreiche Vorteile. Zum einen erhalten sie Zugriff auf erprobte Module, die sie in ihrer täglichen Arbeit entlasten und strukturieren. Zum anderen bietet das Projekt die Möglichkeit, durch die Kooperation mit Unternehmen und anderen Partner:innen die Berufliche Orientierung ihrer Schüler:innen gezielt zu fördern. Nicht zuletzt stärkt es die individuelle Förderung der Schüler:innen und eröffnet diesen realistische Perspektiven für ihre berufliche Zukunft.
Das Projekt zeigt, dass eine erfolgreiche Berufliche Orientierung mehr ist als nur die Vermittlung von Wissen: Sie ist ein Zusammenspiel aus praxisnahen Angeboten, wissenschaftlicher Fundierung und regionaler Vernetzung. Lehrkräfte, die die entwickelten Module nutzen, haben die Möglichkeit, ihre Schüler:innen noch gezielter auf ihrem Weg in die Arbeitswelt zu begleiten – und damit einen entscheidenden Beitrag für deren Zukunft zu leisten.