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Führen mit und ohne disziplinarische Verantwortung – so geht’s

Zunächst gilt es, die Unterschiede zwischen der fachlichen und der disziplinarischen Führung zu beleuchten. Eine Führungskraft ohne disziplinarische Verantwortung verantwortet keine arbeitsrechtlichen Belange. Das bedeutet: die Führungskraft führt keine Einstellungsgespräche, spricht keine Kündigungen aus, bespricht keine arbeitsrechtlichen Maßnahmen mit Mitarbeitern und verbalisiert erst recht keine Abmahnungen.Im Unterschied dazu übernehmen Führungskräfte mit disziplinarischer Verantwortung häufig nur wenige fachliche Aufgaben – was ebenso zu Schwierigkeiten führen kann, da sie die Arbeit von Mitarbeiter*innen mit fachlichen Aufgaben beurteilen müssen.[toc]

Immer dann, wenn keine disziplinarische Verantwortung vorhanden ist, um Mitarbeiter*innen in die Schranken zu weisen und Sanktionen oder gar Abmahnungen in Aussicht zu stellen, werden die Grenzen von Führung erlebbar. „Sie haben mir gar nichts zu sagen!“ – als Führungskraft ohne disziplinarische Verantwortung kann man diesen Satz durchaus mal zu hören bekommen. Leader können in solchen Situationen ein Gefühl der Ohnmacht empfinden. Die Entwicklung einer natürlichen Autorität ist für Führungskräfte ohne disziplinarische Verantwortung deshalb sehr wichtig: Durch sie können Mitarbeiter*innen auch ohne disziplinarische Verantwortung Grenzen gesetzt werden. Eine natürliche Autorität ist auch für Leitende Mitarbeiter*innen mit disziplinarischer Verantwortung sehr hilfreich, um ihren Job gut auszuführen.

Aufgaben der Führungskraft ohne disziplinarische Verantwortung

Natürlich werden von fachlichen Führungskräften nicht nur fachliche, sondern auch soziale Kompetenzen erwartet.

Die fachlichen Kompetenzen im Überblick:

  • Informationen sammeln und bereitstellen
  • Aufgaben verteilen
  • den Überblick behalten

Die sozialen Kompetenzen im Überblick:

  • motivierenFührungskraft ohne disziplinarischen Auftrag
  • Ansprechpartner sein
  • Feeback geben in Form von Lob und Kritik
  • Rückendeckung für die Mitarbeiter geben
  • Konflikte ansprechen, moderieren und lösen
  • auf Gleichbehandlung achten
  • Schnittstellen ausgleichen
  • Prozesse optimieren

Im Klartext: fachliche Führungskräfte sollen beide Formen von Führungskompetenzen aufweisen. Wenn es allerdings „hart auf hart“ kommt, fallen die Möglichkeiten einer disziplinarischen Handhabe einfach weg. Somit wird klar, dass fachliche Führungskräfte gut beraten sind, ihre sozialen Kompetenzen auszubauen – auch wenn das auf den ersten Blick als nicht notwendig erachtet wird, weil es ja „nur“ um eine fachliche Führung geht. Das Gegenteil ist der Fall: Die Beziehung zu den Mitarbeitern rückt viel stärker in den Vordergrund.

Kein Bounding ohne Bonding

Wie kann es der Führungskraft ohne disziplinarischen Auftrag gelingen, Mitarbeiter auch ohne Druckmittel zu führen? An diesem Punkt macht es Sinn, sich mit dem Begriff des Bonding auseinanderzusetzen. Dieser Begriff wird u. a. im Bereich der Psychotherapie verwendet, um das lebenswichtige, neurobiologisch verankerte Bedürfnis nach Nähe, emotionaler Offenheit, Bindung und Lebenssinn zu beschreiben. Es geht darum, als Führungskraft für eben diese Bedürfnisse Sorge zu tragen, indem Führungskräfte z. B. auch für private Belange ein offenes Ohr haben, zuhören, Interesse zeigen und Kontakt ermöglichen. Wenn die Möglichkeit fehlt, disziplinarisch Grenzen zu setzen („Bounding“), rückt die zwischenmenschliche Beziehung in den Vordergrund – selbst wenn es so erscheint, als würde die Beziehung durch den Begriff „fachliche Führung“ eher ausgeklammert werden.

Den Rahmen der disziplinarische Führung setzen

Der Einstieg in die neue Rolle ist entscheidend, in den ersten Tagen werden die Weichen für eine gelingende fachliche Führung gestellt. Wichtig sind dabei die folgenden Schritte:

  • Wenn Sie als Teamleiter*in, Projektleiter*in oder für eine Stabstelle vorgestellt werden: Klären Sie vorab mit Ihrem Vorgesetzten bzw. Ihrer Vorgesetzten, was genau Ihre Aufgaben sind, bis wohin Ihr Kompetenzbereich reicht. Achten Sie in der Kommunikation auf eine klare Definition Ihrer Rolle.
  • Kommunizieren Sie frühzeitig, wie Sie die Rolle der Führungskraft ohne disziplinarischen Auftrag ausfüllen wollen. Wo sehen Sie Ihren Verantwortungsbereich, wo nicht?
  • Outen Sie sich mit Ihren Stärken und Schwächen. Seien Sie ehrlich im Umgang mit Ihrer Persönlichkeit. Teilen Sie sich mit, setzen Sie Grenzen. Beispiel: „Mich bringt es total auf die Palme, wenn …“

Fünf Tipps, damit fachliche Führung gelingt

  1. Beschäftigen Sie sich intensiv mit den Persönlichkeiten in Ihrem Team. Werden Sie zum Detektiv bzw. zur Detektivin, achten Sie auf Vorlieben, Abneigungen und persönliche Kompetenzen.
  2. Bedenken Sie: Sie haben „nur“ die persönliche Beziehung, damit Mitarbeiter*innen Ihnen folgen! Investieren Sie in Beziehungsarbeit, diese wird sich auszahlen.
  3. Seien Sie Vorbild, teilen Sie Ihr Wissen großzügig!
  4. Achten Sie verstärkt auf Ungerechtigkeiten im Team.
  5. Haben Sie ein Auge auf Mitarbeiter*innen, die unter- oder überfordert sind. Wenn es Ihnen gelingt, diese gut im Team zu platzieren, haben Sie schon fast gewonnen.

Fazit

Auch wenn Sie gedacht haben, dass es sich bei einer Führungskraft ohne disziplinarischen Auftrag „nur“ um fachliche Dinge dreht – seien Sie sich bewusst, dass der Schlüssel zu einem Team-Erfolg darin liegt, dass alle Mitarbeiter sich mit ihren Talenten einbringen können. Dass jeder Mensch Stärken und Schwächen hat. Dass es zu Ihrer Aufgabe gehört, diese zu erkennen – und zu einem Team zu formen.

Ihre Mitarbeiter*innen werden Ihnen gerne folgen, wenn sie sich gut bei Ihnen aufgehoben fühlen. Zum Einen, weil Sie wissen, wo es lang geht (fachliche Kompetenz) und zum Anderen, weil Sie in der Lage sind, jedes Team-Mitglied bei den persönlichen Talenten abzuholen, Mitarbeiter zu fordern und zu fördern. Auf der Ebene der fachlichen Führung ist die Fähigkeit zur Empathie weitaus wertvoller als in der disziplinarischen Führung. Also: Bleiben Sie empathisch!

Video: Disziplinarische Führung war gestern!

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