Glauben Sie auch, dass Frauen in Führungspositionen nur deshalb dort sind, weil sie eine Quote erfüllen? Dann sind Sie nicht allein, aber auch nicht auf dem neuesten Stand. In Deutschland wird seit Jahren heftig über die Frauenquote diskutiert. Mal belächelt, mal verteufelt, mal als Allheilmittel verkauft. Doch was ist dran an der Behauptung, dass Quotenfrauen keine echten Führungspersönlichkeiten seien? Und wie viel Wahrheit steckt in der Annahme, dass Frauen ganz anders führen als Männer? Zeit für einen nüchternen, aber ehrlichen Blick auf Zahlen, Mythen und die Realität.
Die Quote wirkt – trotz aller Kritik
Seit 2015 gibt es sie, die gesetzliche Frauenquote für Aufsichtsräte in Deutschland. Und seit 2021 müssen große Unternehmen bei der Besetzung von Vorständen mit mehr als drei Mitgliedern mindestens eine Frau benennen. Tun sie das nicht, bleibt der Platz leer. Klingt radikal? Vielleicht. Aber es wirkt.
Der aktuelle Bericht der AllBright-Stiftung bringt es auf den Punkt: Inzwischen sind 37 Prozent der neuberufenen Vorstände weiblich. Auch in Aufsichtsräten wächst der Anteil stetig. Unternehmen mit einer Frau im Vorstand sind mittlerweile keine Ausnahme mehr, sondern die Mehrheit. All das passiert nicht zufällig, sondern ist ein Ergebnis klarer gesetzlicher Vorgaben.
Kein Selbstläufer, aber ein Fortschritt
Natürlich bedeutet eine Quote nicht, dass damit automatisch Gleichberechtigung herrscht. In vielen Vorständen sitzt immer noch nur eine Frau. Auch wenn das nicht viel ist, ist sie genau das Sprungbrett, das anderen Frauen Mut macht. Der Anfang ist gemacht.
Manche meinen, die Quote zwinge Unternehmen, weniger qualifizierte Frauen einzustellen. Dabei zeigen Studien etwas anderes: Frauen, die in Spitzenpositionen gelangen, haben oft sogar mehr Qualifikationen als ihre männlichen Kollegen. Sie wissen, dass sie sich doppelt beweisen müssen und tun es auch.
Karriere mit Nebenwirkungen
Doch der Weg nach oben hat seinen Preis. In Medienporträts von Top-Managerinnen fällt immer wieder auf: Es geht auffallend oft um ihre Familie, ihre Kinder, ihren vermeintlich „weiblichen“ Führungsstil. Von männlichen Führungskräften liest man das eher selten. Da steht die Strategie im Vordergrund, die Durchsetzungsfähigkeit, der wirtschaftliche Erfolg.
Diese unterschiedliche Darstellung beeinflusst nicht nur die Wahrnehmung der Leserschaft. Sie wirkt auch auf die Frauen selbst zurück. Studien des DIW zeigen: Managerinnen leben seltener mit Kindern zusammen und sind seltener verheiratet als ihre männlichen Kollegen. Und doch wird ihnen regelmäßig „Fürsorglichkeit“ zugeschrieben: Ein Attribut, das in der Wirtschaft zwar geschätzt, aber selten karrierefördernd ist.
Führungsstil: Weiblich, anders, besser?
Wie führen Frauen wirklich? Die einen sagen: empathisch, partizipativ, kommunikativ. Die anderen meinen: genauso wie Männer, wenn sie in derselben Position sind. Tatsächlich zeigen Studien: Frauen in Spitzenpositionen weisen ähnliche Persönlichkeitsmerkmale auf wie Männer. Sie sind ehrgeizig, entscheidungsfreudig, manchmal auch dominant.
In einer Untersuchung der Universität Hohenheim kamen Wissenschaftlerinnen zu dem Ergebnis, dass Frauen in Führungsrollen kaum von ihren männlichen Kollegen zu unterscheiden sind. Weder bei den „Big Five“ Persönlichkeitsmerkmalen noch bei sogenannten „dunklen Eigenschaften“ wie Machiavellismus oder Narzissmus. Das passt nicht zu dem Bild der netten, verständnisvollen Chefin, oder?
Fakt ist: Wer es in die Führungsetage schaffen will, braucht Durchhaltevermögen, Selbstvertrauen und oft eine dicke Haut und das unabhängig vom Geschlecht. Wer sich nicht durchsetzt, bleibt auf der Strecke.
Warum die Quote trotzdem wichtig ist
Auch wenn die Quote kein Allheilmittel ist, ist sie ein wirksames Instrument. Warum? Weil sie strukturelle Hürden sichtbar macht. Frauen sind nicht weniger fähig, aber sie haben oft schlechtere Bedingungen. Der Gender Pay Gap beträgt in Deutschland rund 16 Prozent und in Führungspositionen sind es sogar 21 Prozent. Und je höher das Einkommen, desto geringer der Frauenanteil.
Viele Frauen verzichten bewusst auf eine Karriere, weil sie sich nicht zwischen Familie und Beruf zerreißen wollen. Nicht, weil sie keine Lust auf Macht haben. Sondern weil die Rahmenbedingungen immer noch nicht stimmen. Kindertagesstätten, flexible Arbeitszeitmodelle, eine Unternehmenskultur, die Care-Arbeit nicht als Makel sieht, all das fehlt vielerorts.
Die Sache mit dem Mythos “Quotenfrau“
Das Bild der Quotenfrau hält sich hartnäckig. Die stille Annahme: Sie ist nur da, weil es eine Vorschrift gibt. Dabei lohnt sich ein genauerer Blick auf Karrierewege generell. Auch viele Männer profitieren von Netzwerken, Empfehlungen oder langjährigen Kontakten – sei es im beruflichen Umfeld, im Sportverein oder in anderen sozialen Kreisen. Solche Strukturen sind keineswegs verwerflich, aber sie funktionieren oft leise und informell. Die Quote macht sichtbar, dass nicht nur Leistung über Aufstieg entscheidet. Sie schafft Raum für mehr Transparenz und lädt zu faireren Chancen ein, für alle. Und sie eröffnet Chancen für neue Typen von Führungspersönlichkeiten. Vielleicht nicht den traditionellen Alpha-Mann mit Ellenbogenmentalität, sondern jemanden, der sich durch Werteorientierung, Dialogfähigkeit und Gestaltungswillen auszeichnet und das egal ob männlich oder weiblich.
“Frauen führen anders” – eine gefährliche Behauptung?
Es klingt charmant: Frauen führen empathischer, sind kommunikativer, bauen bessere Teams. Das mag in Einzelfällen stimmen, wird aber schnell zur Schublade. Wer davon abweicht, gilt als „zu hart“ oder „zu männlich“. Wer sich daran hält, wird belächelt: „zu weich“, „nicht entscheidungsfreudig“.
Diese Zuschreibungen können zur Falle werden. Denn sie verstärken Stereotype und hemmen Frauen darin, ihren eigenen Stil zu finden. Statt nach dem Idealbild einer weiblichen Führungskraft zu suchen, sollten wir Vielfalt ermöglichen. Die Frau, die tough ist, darf genauso anerkannt werden wie die, die zuhört und vermittelt. Nicht das Geschlecht entscheidet über gute Führung, sondern Haltung, Kompetenz und Wirkung.
Was wirklich hilft: Empowerment statt Etikett
Empowerment kann helfen, junge Frauen nicht nur zu inspirieren, sondern sie auch konkret auf ihrem Weg zu begleiten. Sie brauchen mehr als Vorbilder: Sie brauchen echte Unterstützung. Menschen, die ehrlich über Herausforderungen sprechen, ihre Erfahrungen teilen und gleichzeitig Mut machen, eigene Entscheidungen zu treffen. Mentoring, Netzwerke und ein offener Austausch sind dabei zentrale Bausteine.
Der Realität ins Auge sehen
Trotz aller Fortschritte bleibt viel zu tun. Der Anteil weiblicher Führungskräfte liegt in Deutschland insgesamt bei rund 36 Prozent. In Vorständen der größten börsennotierten Unternehmen sind es gerade einmal rund 10 Prozent. Im öffentlichen Dienst ist die Quote besser, aber auch hier gilt: Je höher die Position, desto weniger Frauen.
Zudem verdienen Frauen in Führungspositionen deutlich weniger als ihre männlichen Kollegen. Und das, obwohl sie ebenso qualifiziert, wenn nicht sogar besser, ausgebildet sind. Der Gender Pay Gap ist kein Märchen, sondern bittere Realität.
Und dann sind da noch die unsichtbaren Hindernisse: Die „gläserne Decke“, die vielen nicht einmal bewusst ist. Die Bewertungsgespräche, in denen Karriereunterbrechungen durch Elternzeit negativ ausgelegt werden. Die Besetzung von prestigeträchtigen Projekten, bei denen Männer oft zuerst gefragt werden. Oder die Sitzungen, in denen Frauen unterbrochen oder überhört werden, Studien belegen das.
Und jetzt?
Sie sehen: Die Quote allein reicht nicht. Aber sie ist ein Anfang. Sie setzt ein Zeichen. Sie schafft Sichtbarkeit. Und sie macht klar: Frauen sollen nicht nur Führung übernehmen, sie können es. Inzwischen gibt es zahlreiche Belege, dass diverse Teams erfolgreicher sind. Nicht weil Frauen bessere Menschen wären, sondern weil Vielfalt im Denken, Entscheiden und Handeln Wettbewerbsvorteile bringt.
Wenn Sie also das nächste Mal hören, dass eine Frau „nur wegen der Quote“ Karriere gemacht hat, fragen Sie sich bitte: Wurde das jemals über einen Mann gesagt?
Führung braucht Qualität, keine Geschlechterklischees. Sie braucht Kompetenz, nicht Klüngelei. Und sie braucht mutige Menschen – egal, wie sie heißen oder welches Geschlecht sie haben. Sie können diesen Weg unterstützen, indem Sie Ihre Vorurteile überdenken. Veränderung beginnt genau hier: bei Ihnen.
Ein erster Schritt kann unser Seminar „Frauen in Führung – Fit für die Zukunft“ sein. Geleitet wird es von Frau Arbabian-Vogel, der Präsidentin des „Verbands deutscher Unternehmerinnen“. Nutzen Sie die Chance, von einer echten Vorreiterin zu lernen und Zukunft aktiv mitzugestalten.