Rund ein halbes Jahr ist seit Beginn der Corona-Krise vergangen. Mit Ausrufen des nationalen Lockdowns begann für die Arbeitswelt in Deutschland ein schlagartiger Umschwung: Zahllose Arbeitnehmer sind abrupt in das Homeoffice umgezogen, um das Infektionsrisiko zu reduzieren. Die Pandemie ist noch lang nicht überstanden und doch erlebt die Wirtschaft einen völlig unterschiedlichen Umgang mit dem Thema Homeoffice seitens Unternehmen und ihrer Beschäftigten. Was bewegt Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Zeiten von Corona und wird sich das mobile Arbeiten bzw. die Telearbeit – so der etwas anachronistische Ausdruck für das Homeoffice – dank Corona deutschlandweit branchenübergreifend etablieren? Wir haben Vor- und Nachteile beim Arbeiten in den eigenen vier Wänden gesammelt und geben einen Ausblick auf die Arbeitswelt „nach Corona“.
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Pro: Arbeitnehmer sind flexibler – Contra: Arbeitgeber fürchten Kontrollverlust
Beschäftigte profitieren im Homeoffice vor allem von gewonnener Flexibilität. Durch den Wegfall des Arbeitsweges können – insbesondere bei längeren Pendelstrecken – Arbeitsbeginn und -ende freier gewählt und die restliche Zeit effektiv genutzt werden. Davon profitieren nicht zuletzt Familienangehörige sowie die Work-Life-Balance: Viele Arbeitnehmer geben an, dank der Möglichkeit des Homeoffice Berufliches und Privates besser vereinbaren zu können. Arbeitgeber sehen in der Standortunabhängigkeit oft den größten Nachteil. Sie fürchten, die Kontrolle über die Beschäftigten zu verlieren, wenn diese nicht jeden Tag präsent, ihre Leistungen nicht sichtbar und ihre Arbeitszeiten nicht erfassbar sind.
Pro: Arbeitgeber haben weniger Fixkosten – Contra: Arbeitnehmer müssen sich Arbeitsplatz einrichten
Weniger Fahrtkostenabrechnungen sowie ein geringerer Strom-, Papier- und Wasserverbrauch – für Unternehmen kann die langfristige Etablierung des mobilen Arbeitens positive Auswirkungen auf den Kontostand haben. Auf der anderen Seite mussten sich zahllose Arbeitnehmer mit Beginn des Lockdowns erst einen adäquaten Arbeitsplatz zuhause einrichten. Viele bekamen dafür keine finanzielle Unterstützung und griffen in das eigene Portemonnaie für Hardware und Mobiliar. Technische Defizite und eine schlechtere digitale Infrastruktur in den eigenen vier Wänden sind zusätzliche Herausforderungen im Homeoffice.
Contra für beide Seiten: weniger persönliche Interaktion mit Kollegen und Vorgesetzten
Ein eklatanter Nachteil des Homeoffice – vor allem basierend auf den Kontaktbeschränkungen in Zeiten von Corona – ist für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen der Abbau der sozialen Interaktionen mit Kollegen. Viele Arbeitgeber fürchten, dass der Teamzusammenhalt in der Belegschaft leiden könnte und auch Beschäftigte klagen, dass ihnen der Kontakt zu den Kollegen fehlt.
Fazit und Ausblick: Ein gesunder Mix aus neuer und alter Arbeitsform könnte sich in der Arbeitswelt etablieren
Die Pros und Contras des Homeoffice halten sich in etwa die Waage. Viele moderne Arbeitgeber stehen der standortunabhängigen Arbeitsweise offen und gelassen gegenüber und mussten sich mit Beginn der Krise kaum umstellen. Eher konservative Unternehmen hingegen fürchten den Kontrollverlust über die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten sowie den Aufwand, der hinter dem Umbau der betrieblichen Infrastruktur stecken könnte. Für Arbeitnehmer ist der Wegfall des Arbeitsweges Fluch und Segen zugleich: Sie gewinnen Zeit, verlieren aber möglicherweise die gleichermaßen lokale wie psychische Distanz zum Arbeitsplatz.
Wir geben deshalb abschließend einen einfachen Tipp: Kombinieren Sie neue und alte Arbeitsformen und erarbeiten Sie mit Ihren Angestellten bzw. Vorgesetzten dezidierte, klare Regelungen für wechselnde Präsenz- und Homeoffice-Tage. So gewährleisten Sie einen buchstäblich gesunden Arbeits-Mix und nicht zuletzt den Schutz Ihrer Mitarbeitenden bzw. Kollegen. Lassen Sie als Arbeitgeber Ihren Beschäftigten dabei möglichst viel Entscheidungsfreiheit und Freiräume. Diese Flexibilität hat statistisch gesehen eine hohe Zufriedenheit zur Folge und steigert die Produktivität der Mitarbeiter. Neben größeren Entscheidungsfreiräumen und lokaler Flexibilität kann ein weiterer Effekt das Aufbrechen herkömmlicher Strukturen und Arbeitsweisen sein. Die konservative Bürostruktur wird dabei ersetzt durch flexible zu besetzende Großraumbüros, ähnlich wie in Coworking-Spaces. Diese Organisationsstruktur fördert den überfachlichen Austausch und die interdisziplinäre Zusammenarbeit.