Unsere Arbeitswelt wurde mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie gehörig auf den Kopf gestellt. Für zahllose Unternehmen in Deutschland – Mittelständler wie große Konzerne – begann eine neue Zeitrechnung: „Vor Corona“ teilten sich im Durchschnitt zwei bis drei Kollegen ein Büro, zum Plaudern traf man sich in der Teeküche oder beim Mittagstisch und Meetings wurden am Besprechungstisch gemeinsam mit den Teammitgliedern abgehalten. Lediglich sehr junge Unternehmen, Agenturen und Startups empfanden diese Arbeitsweisen als konservativ und überholt. Dann plötzlich kam das Virus und sogar die sonst dem Klischee nach vorwiegend analog arbeitenden Behörden und Ämter wurden angehalten, ihre Mitarbeiter in das Homeoffice zu schicken, sie dort nach Möglichkeit mit technischem Gerät und digitalen Tools auszustatten, Meetings per Online-Konferenz abzuhalten und die Arbeitszeiten so flexibel und familienfreundlich wie möglich zu gestalten.
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Im Homeoffice fällt die Abgrenzung zum Arbeitsplatz oft schwer
„Nach Corona“ ist das Homeoffice aller Wahrscheinlichkeit nach ein fester Bestandteil unserer Arbeitswelt, zumindest wird es in vielen Unternehmen auf Wunsch der Mitarbeiter nicht einfach wieder verschwinden. Denn es birgt Annehmlichkeiten: kein Arbeitsweg, eine heimelige Atmosphäre, kein Business-Look, flexible Arbeitszeiten und die Nutzung von Hard- und Software auch für den Hausgebrauch. Doch für Viele ist genau das ein Fallstrick: Die ständige Verfügbarkeit digitaler Tools und die Nutzung dieser für private und berufliche Zwecke führt schnell zu einer digitalen Überdosis, der wir uns oft schwer entziehen können. Zu attraktiv ist das permanente Update über neue E-Mails, aktuelle Schlagzeilen, die neusten Postings von Freunden und die Kommunikation via Chat. Eine Abgrenzung zum Arbeitsplatz durch beispielsweise den Arbeitsweg, das Mittagessen in der Kantine oder den Spaziergang in der Pause entfällt. Es ist bewiesen, dass wir im Homeoffice mehr arbeiten, weil uns ein strukturiertes Zeit- und Selbstmanagement schwerfällt und wir uns weniger digitale Pausen gönnen. Doch diese sind enorm wichtig für das seelische Gleichgewicht, sagen die drei Autoren des jüngst erschienenen Buches „Digital Detox im Arbeitsleben“ Viktoria Welledits, Christian Schmidkonz und Patricia Kraft. Sie berufen sich auf Studien, deren mehrheitliches Fazit lautet: Digitale Überlastung kann ernstzunehmende gesundheitliche Folgen haben. Personen, die Smartphone und Computer für private sowie für berufliche Zwecke nutzen, fällt die Trennung zwischen beiden Bereichen oft schwer – der dadurch ausgelöste Stress hat einen indirekten Einfluss auf die Lebenszufriedenheit und kann zu Erschöpfung, Unwohlsein und Angstzuständen führen.
Zeit für digitale Pausen einplanen
Die ununterbrochene Verfügbarkeit digitaler Tools führt nach Welledits, Schmidkonz und Kraft nicht selten zu einer Abhängigkeit davon und um schlimmsten Fall zu einer Digitalsucht. Den Impuls zu unterdrücken, wieder und wieder das Smartphone zur Hand zu nehmen oder den Laptop einzuschalten, fällt Betroffenen extrem schwer – echte Entzugserscheinungen können die Folge sein. Um eine digitale Abhängigkeit zu vermeiden, helfen regelmäßige kurze digitale Pausen als fester Teil der Selbstorganisation im Homeoffice. Ähnlich wie im Büro kann schon eine kurze Zeit in einem technologiefreien Raum – zum Beispiel auf dem Balkon oder in der Küche – helfen, den inneren Akku wieder aufzuladen. Eine längere Pause an der frischen Luft ohne das Handy hat positive Auswirkungen auf die kognitive Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden. Mehr Tipps zum Selbstmanagement im Homeoffice geben wir hier.
Life-Media-Balance als Schlüssel zur Produktivität
Um buchstäblich gänzlich abzuschalten, empfiehlt sich ein sogenannter Digital Detox. Das kann beispielsweise eine mehrtägige Wanderung in der Natur ohne die Mitnahme des Handys sein oder das bewusste Abschalten und Wegschließen aller digitalen Geräte für 24 Stunden am Wochenende. Wer professionell angeleitet und begleitet werden möchte, kann sich an Anbieter für Digital Detox Reisen und Retreats wenden. Da die Nutzung von Computer, Smartphone und Co. inzwischen elementare Bestandteile des Berufsalltags sind, ist ein Digital Detox während der Arbeitszeit jedoch kaum realisierbar. Das Buch „Digital Detox im Arbeitsleben“ gibt deshalb vielmehr Aufschluss über Möglichkeiten sogenannter Digital Breaks und Tipps für einen gesunden Umgang mit Technologien, ohne die Produktivität aus den Augen zu verlieren. Die Autoren sprechen in diesem Kontext von einer Life-Media-Balance. Zu den Tipps gehören:
1) Benachrichtigungen auf dem Smartphone bewusst ignorieren
2) E-Mails nur in festgelegten Zeitfenstern abrufen
3) Apps löschen und auf Browser-Nutzung umsteigen
4) einen technologiefreien Raum einrichten
u.v.m.
Häufig sind es jedoch nicht zuletzt Arbeitgeber und Führungskräfte, die maßgeblich zu einer digitalen Überlastung der Mitarbeiter beitragen und diese mit hohen Erwartungen an Erreichbarkeit und Antwortzeiten unter Druck setzen. Die Unternehmenskultur hat demnach einen entscheidenden Einfluss auf das Wohlbefinden der Angestellten – auch und nicht zuletzt, wenn diese teilweise oder ausschließlich im Homeoffice arbeiten. Welledits, Schmidkonz und Kraft nennen an dieser Stelle u.a. den Volkswagen-Konzern als Vorreiter, da bei diesem seit 2011 auf Initiative des Betriebsrats zu festgelegten Zeiten die Server abgestellt werden, sodass Mitarbeiter nach Dienstschluss keine E-Mails mehr erreichen.
Das Buch „Digital Detox im Arbeitsleben“ gibt es als eBook bei bücher.de.
Sie möchten mehr über das Zeitmanagement und die Selbstorganisation im Homeoffice erfahren? Dann informieren Sie sich über unsere (Online-) Seminare zu diesen Themen: https://www.bnw-seminare.de/produkt-kategorie/persoenliche-soziale-kompetenzen/zeit-und-selbstmanagement/
Foto von Andrea Piacquadio von Pexels