Eine Rollenwechsel zur Führungskraft ist für viele Angestellte das Ziel auf der Karriereleiter. Mit Eifer und Motivation arbeiten sie hart für den entscheidenden Schritt und sind sich sicher, den Job besser zu machen als die Vorgängerin. Doch was aus der Vogelperspektive attraktiv erschien, entpuppt sich nicht selten als fordernd, anspruchsvoll und nervenzehrend. Plötzlich einen anderen Arbeitsalltag zu haben, für die Mitarbeiter nicht mehr der „Kumpeltyp“ sein zu dürfen (oder zu wollen) und die Gratwanderung zwischen kollegialem und autoritärem Verhalten – das alles ist in der Startphase schwieriger als vermutet.
Manche finden sich autodidaktisch in die neue Rolle ein oder besuchen ein Seminar, doch viele bleiben nach dem Rollenwechsel überfordert und bereuen es irgendwann, nicht weiter als Fachkraft zu arbeiten. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des Jobportals Stepstone, das insgesamt 5.000 Fach- und Führungskräfte befragt hat. 27 Prozent der Studienteilnehmer in der Führungsrolle gaben an, den Rollenwechsel am liebsten wieder rückgängig machen zu wollen. Mehr als ein Drittel der Vorgesetzten haben noch nie ein Führungskräftetraining besucht und acht von zehn Personen hätten sich rückblickend ein solches gewünscht.
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Dabei geht es kaum bis nie um die fachlichen Kompetenzen eines leitenden Mitarbeiters, sondern vielmehr um Soft Skills. Denn die Art der Führung hat laut Sudienleiterin Dr. Anastasia Hermann einen enormen Einfluss auf die Zufriedenheit und die Leistung der Mitarbeitenden und setzt einen Maßstab. Die Chefin oder der Chef damit eine Schlüsselfunktion ein, der sie ohne ein gesondertes Training vor dem Rollenwechsel möglicherweise nicht gewachsen ist. Der dadurch entstehende Druck kann negative Folgen wie depressive Verstimmungen, Überarbeitung und Albträume haben. 15 Prozent der Studienteilnehmer haben sich bereits psychologische Hilfe gesucht.
Wichtig für die Führungskraft nach dem Rollenwechsel ist, dass sie die in sie gesetzten Erwartungen möglichst früh absolut richtig versteh. Nur so wird sie den neuen Aufgaben gerecht werden. Sie wird ihre Kräfte so einsetzen, dass die Management-Ziele, die mit der Aufgabe verbunden sind, erfüllt werden. Weil die Rollen zwar Schnittmengen aufweisen, die Tätigkeiten aber grundsätzlich andere sind als die einer Fachkraft, klärt die Führung gemeinsame Ziele am besten in einem persönlichen Gespräch.
Der Rollenwechsel: ein kleiner Schritt mit großer Wirkung
Um bei dem Rollenwechsel Unterstützung zu leisten, sei ein Handeln von Unternehmensseite gefragt: Arbeitgeber von Führungskräften sollten laut Hermann einerseits eine Kultur prägen, in der frisch beförderte Vorgesetzte theoretisch in alte Rollen zurückschlüpfen dürfen, wenn sie mit der neuen Stelle nicht „warm geworden“ sind. Auf der anderen Seite können sie viel dafür tun, dass es dazu gar nicht erst kommen muss und sich der Rollenwechsel vom Kollegen zum Vorgesetzten gut anfühlt. Neben einer offenen Kommunikation ist einer der hilfreichsten Schritte und nicht zuletzt ein wertschätzendes Signal von Arbeitgeberseite die Buchung eines Führungskräfte-Trainings. Das Ergebnis ist oft eine Win-win-Situation: Die Führungskraft identifiziert sich mit der neuen Rolle und mag die Arbeit in der neuen Position. Diese Zufriedenheit und Motivation färbt auf alle Personen ab, die Beiträge zu Produktivität und Leistung werden gesteigert oder bleiben zumindest auf einem gleichen Level im Vergleich zur Vorgängerin.
Drei Tipps für einen erfolgreichen Rollenwechsel vom Kollegen zum Chef
- Ein spezielles Training für Führungskräfte: Im besten Fall wird dies vom Arbeitgeber bezahlt. Das ist nicht nur eine finanzielle Entlastung, sondern auch ein motivierendes Signal die eigenen Mitarbeitenden. Fragen Sie Ihren Arbeitgeber nach Möglichkeiten und Mitteln.
- Viel und offen kommunizieren: Die ehemalige Fachkraft sollte jederzeit offen und ehrlich über Sorgen, Probleme und Konflikte mit ihrem Arbeitgeber sprechen können. Dafür ist eine von Vertrauen und Offenheit geprägte Kommunikationskultur auf beiden Seiten und auch innerhalb des zu führenden Teams wichtig. Gehen Sie rechtzeitig und proaktiv auf Vorgesetzte, aber auch auf Mitarbeitende zu, wenn es Probleme gibt.
- Es anders machen dürfen: Der Wechsel vom Kollegen zum Chef gelingt nur, wenn alle mitmachen und bereit sind, alte Muster aufzubrechen. Trauen Sie sich, Dinge anders anzupacken, als es die Mitarbeitenden vom Vorgänger gewohnt sind. Und auch wenn Sie dabei auf Widerstand stoßen, lautet unser Tipp: Am Ball bleiben! Denn Fortschritt gelingt durch Veränderung.
Führungskompetenzen aufbauen kann trainiert werden
Führungsaufgaben können mitnichten verallgemeinert werden. Sie hängen stark von Faktoren wie Teamgröße, -zusammensetzung und der Altersstruktur ab. Auch das Berufsfeld und die Branche sind entscheidend. Sollten regelmäßig Abstimmungen mit allen getroffen und kommuniziert werden oder arbeitet man meist für sich, wie es zum Beispiel in Werkstätten oder Fabriken der Fall ist? Arbeitet das Team schon lange zusammen oder hat es sich erst kürzlich neu formiert? Das Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft begleitet die „Neu-Chefs“ mit einer Vielzahl von Seminaren und Trainings, um sie für diese Herausforderungen fit zu machen.
Hier finden Sie eine Übersicht zu Seminaren für Führungskräfte beim BNW.