Nationale und Norddeutsche Wasserstoffstrategie treibt Ausbau der Technologie voran [toc]
Ende Mai 2021 brachten das Bundeswirtschafts- und Bundesverkehrsministerium insgesamt 62 Großprojekte im Rahmen eines europäischen Wasserstoffprogramms (Wasserstoff-IPCEI – Important Projects of Common European Interest) auf den Weg, das gemeinsam mit bis zu 22 europäischen Partnerländern umgesetzt wird. Über acht Milliarden Euro werden an Bundes- und Landesmitteln zur Verfügung gestellt, um den Ausbau der Wasserstoffwirtschaft voranzutreiben. Dabei wird die gesamte Wertschöpfungskette berücksichtigt: von der Wasserstofferzeugung über den Transport bis hin zu Anwendungen in der Industrie. Mit der Initiative werden wichtige Ziele der Nationalen Wasserstoffstrategie umgesetzt, die am 10. Juni 2020 durch das Bundeskabinett beschlossen wurde. Die Strategie ist vor allem auf die Förderung von „grünem“ Wasserstoff ausgerichtet. Grüner Wasserstoff ist das Produkt einer Wasserstoffgewinnung, bei der die Wasserspaltung ausschließlich mit erneuerbaren Energien erfolgt. Wird der Wasserstoff mit fossilen Brennstoffen erzeugt, spricht man von grauem Wasserstoff. Es gibt auch eine Zwischenvariante: Die Herstellung erfolgt wie beim grauen Wasserstoff. Das entstandene CO2 wird jedoch gebunden und anschließend gespeichert, gelangt also nicht in die Atmosphäre. Dieses Produkt wird dann als blauer Wasserstoff bezeichnet.
Mit der Norddeutschen Wasserstoffstrategie hatten die Länder Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern bereits am 7. November 2019 einen Fahrplan verabschiedet, die in die nationale Strategie einfließen sollte. Grund dafür waren diverse Standortvorteile, die für den Ausbau der Wasserstoffwirtschaft identifiziert wurden. Besonders Niedersachsen sieht sich als „Wasserstoffland Nr. 1“: Nicht nur für die niedersächsische Stahl- und Chemieindustrie, sondern auch für die Automobilindustrie sowie weitere Bereiche der Mobilitäts-, Logistik- und Hafenwirtschaft ist Wasserstoff eine wichtige Zukunftstechnologie. Aus Niedersachsen wurden für das europäische Programm insgesamt zehn Leuchtturmprojekte mit einem Investitionsvolumen von vier Milliarden Euro ausgewählt. Die Projekte sind in den Bereichen Elektrolyse, Infrastruktur, Industrieanwendungen und Mobilität angesiedelt.
Anhand der Initiativen wird deutlich: Die Politik macht Tempo beim Ausbau der Wasserstoffwirtschaft. Als wichtiger Baustein soll die Wasserstofftechnologie bei der Erreichung der ambitionierten Klimaziele helfen und zu einer klimaneutralen Mobilität und Industrie beitragen. Doch wie können die richtigen Weichen gestellt, die geeigneten Rahmenbedingungen geschaffen werden? Welche Wasserstoff-Jobs werden von den Wasserstoff-Unternehmen gebraucht?
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Wasserstoff-Jobs: Welche Berufsfelder sind betroffen?
Wasserstoff muss mithilfe externer Energiequellen gewonnen werden, zum Beispiel mit elektrischer Energie in Form von Elektrolyse. Diesen E-Fuels bzw. Elektro-Kraftstoffen wird im Hinblick auf die Entwicklung klimaneutraler Fahrzeuge eine große Zukunft zugeschrieben. Die Bedienung der Elektrolyseanlagen erfordert jedoch spezielle Kenntnisse, eine technische Grundausbildung reicht dafür nicht aus. Benötigt werden Ingenieure mit Elektrolyse-Know-how, Verfahrenstechniker und Elektrotechniker, Fachkräfte für Automatisierung, Maschinenbauer usw., die sich aufbauend auf ihre technische Grundausbildung weiter im Bereich der Wasserstofftechnologie qualifizieren und spezialisieren. Im Mobilitätssektor müssen sich so mehrere Bereiche gleichzeitig entwickeln: vom Energiesystem über die Antriebstechnologien bis hin zur Infrastruktur für Wasserstofftankstellen. Ein wichtiges Thema ist auch die Sicherheit. Sowohl die Maschinen, Fahrzeuge als auch die Tankstellen müssen gewartet werden, das heißt auch Rettungskräfte und Pannendienste sollten mit der neuen Technologie vertraut sein. Auch Vertriebsingenieure sind gefordert, sich mit den neuen Produkten auseinanderzusetzen. Die Beispiele zeigen, dass es derzeit schwer absehbar ist, welche Berufsfelder umfassend betroffen sind. Eines aber ist klar: Die Qualifizierung muss entlang der gesamten Wertschöpfungskette erfolgen. Ebenso gilt es, mehrere Sektoren durch sogenannte Sektorkopplung miteinander zu vernetzen, um sie ganzheitlich betrachtet weiterzuentwickeln. Im Bereich der Wasserstoffwirtschaft betrifft dies vor allem die Sektoren Elektrizität, Verkehr, Wärmeversorgung und Industrie.
Warum wir heute mit der Qualifizierung starten sollten
Da es sich bei der Nutzung von Wasserstoff um eine neue Technologie mit viel Entwicklungspotenzial handelt, müssen Wissen und Erfahrungen verstärkt aufgebaut, miteinander vernetzt und weiterentwickelt werden. Dies ist nur mit entsprechend qualifizierten Fachkräften möglich. Allem voran ist es immer noch der Mensch, der technologische Entwicklungen durch seine Lernprozesse gestaltet. Um diese Lernprozesse in Gang zu bringen, sind die Gewährleistung von sowohl einer technischen Grundausbildung als auch Möglichkeiten der Weiterqualifikation am Arbeitsplatz Voraussetzung. Lernen muss dazu möglichst praxisorientiert organisiert werden. Vor allem in der Mitte der Belegschaften sind Kompetenzen nötig, um technologische Entwicklung in den Unternehmen von innen heraus gestalten zu können.
Dabei ist zu beachten, dass Lernen ein Prozess und der Aufbau von Wissen und Erfahrungen nicht von heute auf morgen möglich ist. Deshalb ist proaktives Handeln erforderlich, denn der internationale Wettbewerb wird sich schnell verschärfen. Gefordert sind neben der Politik auch die Wirtschaft, Arbeitsmarktakteure und Sozialpartner wie das Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft (BNW). Das BNW hat bereits gemeinsam mit diversen Partnern das Dialogforum Fachkräftebedarf Wasserstoff ins Leben gerufen, um seinen Beitrag zur Diskussion um die Fachkräftequalifikation zu leisten. Die gewonnenen Ansätze werden im Schulterschluss gemeinsam weiterentwickelt und in die Umsetzung gebracht.