Psychische Belastungen gehören heute zu den häufigsten Herausforderungen in der Arbeitswelt. Sie sind nicht nur Hauptursache für Fehlzeiten, sondern betreffen zunehmend auch junge Menschen in der Ausbildung. Besonders die Generation Z steht unter enormem Druck, der oft mit persönlichen, sozialen und ökonomischen Belastungen einhergeht. Doch wer fühlt sich wirklich sicher im Umgang mit psychischen Erkrankungen? In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie psychische Belastungen erkennen, sensibel ansprechen und effektiv unterstützen können.
Psychische Gesundheit in der Ausbildung: Eine neue Herausforderung
Psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen und Suchtprobleme betreffen junge Menschen häufiger als viele vermuten. Laut Studien sind in jeder Berufsschulklasse vier bis fünf Lernende betroffen. (Irrsinnig Menschlich e.V. (n.d.). Aufmachen! Psychisch fit in Berufsschule und Beruf: Wissen, Tipps und gute Praxis für Berufsschullehrkräfte und Ausbilder:innen. Irrsinnig Menschlich e.V. und BAHN-BKK. Abgerufen von https://www.irrsinnig-menschlich.de S. 8)
Oft bringen Auszubildende bereits Belastungen aus ihrer Schulzeit mit. Dazu zählen familiäre Probleme oder finanzielle Sorgen. Diese “Rucksäcke” erschweren den Ausbildungsalltag erheblich.
Zusätzlich leiden junge Menschen stärker unter Stigmatisierung als Erwachsene. Die Angst vor Ausgrenzung hält viele davon ab, rechtzeitig Hilfe zu suchen. Sie als Ausbilder:in können hier eine entscheidende Rolle spielen und den Unterschied zwischen Resignation und erfolgreichem Abschluss machen.
Darüber hinaus zeigt sich, dass die Generation Z durch die Folgen der Corona-Pandemie besonders betroffen ist. Zukunftsängste, soziale Isolation und unterbrochene Bildungswege haben viele junge Menschen belastet. Diese Faktoren verstärken die Dringlichkeit, psychische Gesundheit in der Ausbildung aktiv zu thematisieren und Stressmanagement in der Ausbildung zu fördern.
Warnsignale psychischer Belastungen erkennen
Ein zentraler Schritt ist es, die Anzeichen psychischer Belastungen frühzeitig zu erkennen. Dazu gehören:
- Emotionale Symptome: Stimmungsschwankungen, Antriebslosigkeit oder Überforderung
- Verhaltensänderungen: Rückzug, Leistungsabfall oder Konflikte im Team
- Körperliche Signale: Häufige Krankmeldungen, Erschöpfung oder psychosomatische Beschwerden
Berufsschullehrkräfte und Ausbilder:innen berichten häufig, dass Auffälligkeiten bereits in den ersten Monaten der Ausbildung sichtbar werden. Hier ist Sensibilität gefragt: Nicht jede Verhaltensänderung deutet sofort auf eine psychische Erkrankung hin, doch ein aufmerksamer Blick kann entscheidend sein. Halten Sie bei Auffälligkeiten stets Kontakt zu den jungen Menschen und versuchen Sie, die Ursache der Veränderungen zu verstehen. Gehen Sie behutsam vor und vermeiden Sie voreilige Schlüsse.
Gespräche sensibel führen
Das Ansprechen psychischer Belastungen erfordert Fingerspitzengefühl. Folgende Tipps helfen Ihnen, das Gespräch respektvoll und effektiv zu führen:
- Einen sicheren Rahmen schaffen: Sorgen Sie für eine ruhige, private Atmosphäre
- Empathisch kommunizieren: Verwenden Sie Ich-Botschaften wie: „Mir ist aufgefallen, dass Sie in letzter Zeit stiller geworden sind. Gibt es etwas, worüber Sie sprechen möchten?“
- Kein Druck: Vermeiden Sie Vorwürfe oder voreilige Diagnosen
- Aktives Zuhören: Lassen Sie Ihre Auszubildenden ihre Perspektive schildern und zeigen Sie Verständnis
Eine wertschätzende Kommunikation stärkt das Vertrauen und schafft die Grundlage für weitere Unterstützung. Denken Sie daran, dass es den Betroffenen oft schwerfällt, über ihre Probleme zu sprechen. Ihre Geduld und Ihr Verständnis können hier einen großen Unterschied machen.
Unterstützungsangebote bereitstellen
Wenn Ihre Auszubildenden psychisch belastet sind, sollten sie wissen, wo sie Hilfe bekommen können. Hier sind einige Ansätze:
- Interne Ressourcen: Fördern Sie eine offene Unternehmenskultur. Bieten Sie Schulungen und Workshops zur Sensibilisierung an. Vertrauen Sie auf betriebliche Ansprechpartner:innen oder Betriebsärzt:innen. Richten Sie gegebenenfalls ein internes Netzwerk für psychosoziale Unterstützung ein.
- Externe Angebote: Verweisen Sie auf Beratungsstellen oder psychologische Dienste. Nutzen Sie regionale und digitale Beratungsangebote, um den Zugang zu erleichtern.
- Prävention: Integrieren Sie Resilienztrainings und Stressbewältigungsprogramme in den Ausbildungsalltag. Schaffen Sie eine Umgebung, in der sich Ihre Auszubildenden gehört und unterstützt fühlen. Fördern Sie psychische Gesundheit, indem Sie regelmäßig über das Thema informieren und Vorurteile abbauen.
Exkurs: Was ist Resilienz?
Resilienz bezeichnet die seelische Widerstandskraft, die es Menschen ermöglicht, Krisen zu bewältigen und gestärkt daraus hervorzugehen. Der Begriff stammt ursprünglich aus der Physik und beschreibt Materialien, die nach starker Belastung in ihre ursprüngliche Form zurückkehren – wie ein Gummiball, der nach einer Delle wieder rund wird.
Menschen mit hoher Resilienz können auch nach belastenden Ereignissen schneller zu einem ausgeglichenen Zustand zurückfinden. Faktoren wie Optimismus, Selbstwirksamkeit und ein unterstützendes soziales Umfeld tragen entscheidend dazu bei, diese Widerstandskraft zu stärken. Resilienz kann entwickelt und gefördert werden: Workshops, Trainings und ein Umfeld, das Sicherheit und Unterstützung bietet, sind effektive Wege, um sowohl individuelle als auch betriebliche Resilienz zu stärken.
Beispiele aus der Praxis
Viele Betriebe und Berufsschulen haben bereits erfolgreiche Strategien im Umgang mit psychischen Belastungen bei Auszubildenden etabliert. Ein Beispiel ist die Zusammenarbeit mit Fachkräften oder die Integration von Fallbesprechungen im Kollegium. Solche Ansätze reduzieren nicht nur die Fehlzeiten, sondern verbessern auch die Bindung Ihrer Auszubildenden an den Betrieb.
Eine besonders wirkungsvolle Methode ist die Einbindung von Präventionsprogrammen, die psychische Gesundheit thematisieren und junge Menschen darin bestärken, rechtzeitig Hilfe zu suchen. Ein weiteres bewährtes Modell ist das Peer-to-Peer-Programm, bei dem Auszubildende sich gegenseitig unterstützen.
Nutzen Sie diese Ansätze, um Ihre eigene Strategie zu entwickeln. Individuelle Lösungen, die auf die Bedürfnisse Ihres Betriebs und Ihrer Auszubildenden zugeschnitten sind, erweisen sich oft als besonders effektiv.
Fazit: Ein gemeinsamer Weg zur Unterstützung
Psychische Belastungen sind eine Herausforderung, die nur gemeinsam gemeistert werden kann. Mit einem aufmerksamen Blick, sensibler Kommunikation und passgenauen Unterstützungsangeboten können Sie jungen Menschen helfen, ihre Ausbildung erfolgreich abzuschließen. Werden Sie aktiv und machen Sie psychische Gesundheit zu einem festen Bestandteil Ihrer Ausbildungsstrategie – für eine Zukunft ohne Stigma.
Indem Sie Stressmanagement in der Ausbildung und psychische Gesundheit aktiv fördern, schaffen Sie eine Kultur des Vertrauens. Diese Haltung stärkt nicht nur die individuelle Resilienz, sondern trägt auch zur langfristigen Stabilität und zum Erfolg Ihres Unternehmens bei.
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