Mit viel Erfahrung in der Transformation mittelständischer Unternehmen ist Birte Löhmann, Personaldirektorin für Deutschland und Österreich bei Baker & Baker, 2022 in den BNW-Aufsichtsrat eingestiegen. Mehr Flexibilität in der Ausbildung, Wandlungsfähigkeit von Unternehmen, Stärke durch Diversität, Digitalisierung und Nachhaltigkeit, das sind einige der Themen, die sie bewegen. Baker & Baker, das sind die mit den amerikanischen Süßbäckereiprodukten Donuts, Muffins, Cookies oder auch regionalen Spezialitäten wie beispielsweise Franzbrötchen und Plundergebäcke, die man in ganz unterschiedlichen Kontexten genießen kann, ohne immer zu wissen, dass Baker & Baker drinsteckt.
Ich bin hier eingestiegen, weil ich große Lust habe, einen Beitrag zu leisten und weil ich glaube, dass ich mich mit meiner Vita und meinen Erfahrungen aus ganz unterschiedlichen Branchen sehr passend einbringen kann. Ich habe Unternehmen in Zeiten des Wandels begleitet und konkret bei strategischen Neuausrichtungen und Weiterentwicklungen unterstützt; zunächst als Unternehmensberaterin, anschließend in den Unternehmen selbst wie zum Beispiel als HR Director an der Jacobs University Bremen (heute Constructor University), oder auch bei Vilsa Brunnen, einem norddeutschen Familienunternehmen. Bei Baker & Baker agiere ich in einem europäischen Unternehmen der Lebensmittelindustrie. Aus jeder Station habe ich Dinge mitgenommen, die sich ins Thema Weiterbildung einbringen lassen.
Corona, der Krieg in der Ukraine, Energiekrise, Rohwarenknappheit, Preissteigerungen, das Bäckereigewerbe als sich stark veränderndes Marktumfeld – suchen Sie sich etwas aus. Wir erleben bei Baker & Baker in den letzten Jahren eigentlich eine Herausforderung nach der anderen. Hier hilft uns, dass wir zugleich ein norddeutscher Mittelständler und ein europäisches Unternehmen mit Matrix-Organisation sind. Wir sind Wandel gewohnt. Wandlungsfähigkeit und Wandlungsfreude sind meiner Meinung nach zukunftsentscheidend. Es ist wichtiger denn je, Wandel sowohl auf Unternehmens- als auch auf der Ebene der Mitarbeitenden als Chance zu begreifen. Wir brauchen Lust auf persönliche Weiterentwicklung und einen Paradigmenwechsel, weg von „Einer macht die Ansage“ hin zur gemeinschaftlichen Erarbeitung von Lösungen im Team, und einer gemeinsamen Bearbeitung der Frage: Wo wollen wir uns hin entwickeln, wie gehen wir die Zukunft an?
Auch wir erleben natürlich einen Arbeitskräftemangel. Bei der Frage: Wie schaffen wir es, die Leute, die wir uns wünschen, auch zu bekommen, hilft uns sehr das Zwischenmenschliche. Wenn jemand bei uns im Gespräch ist, können wir viel bieten. Und auch das Non-Monetäre spielt dabei eine große Rolle: unsere Kultur, unsere Zusammenarbeit und das Sinnhafte unserer Arbeit.
Entscheidend ist Sinnhaftigkeit. Es kommt darauf an, dass Mitarbeitende sagen: Ja genau, das möchte ich, weil es mich unterstützt in dem, was ich tue. Wir müssen also zum Teil weg vom Pauschalangebot, dieses hat bei schnell zu erlernenden Basisinhalten sicherlich auch weiter seine Bedeutung, hin zu einer möglichst individuelleren betrieblichen Weiterbildung. Darunter kann es digitale Trainings geben, aber selbst bei fachlichen Themen sollte es so interaktiv wie möglich sein. Weiter lernen – da brauchen wir ganz viel Ausprobieren und gemeinsames Entwickeln. Entscheidend ist auch, dass Mitarbeitende eine Lernkultur leben und spüren können. Klar, wir alle sind kostengetrieben, das Lernen soll sich lohnen und effizient sein. Ich sehe das als Push-Pull-Prinzip. Spüre ich bei Mitarbeitenden den proaktiven Wunsch, sich einzubringen, ist dies der Moment, agil anzudocken. Das will natürlich professionell begleitet sein durch Experten, die sich mit neuen Methoden auskennen. Es geht darum, Räume und Formen zu finden und zu kreieren, in denen Teams sinnhaft, divers und heterogen miteinander Lösungen entwickeln. Als Führungskraft stelle ich hierbei die Weichen und bin dann auch offen für Ungeahntes und Unerwartetes.
Zuerst einmal können wir stolz sein auf das, was wir hier
haben. Wir können jedoch noch besser darüber reden. Andere Länder gucken sich
gerne etwas von uns ab, gerade in Sachen Struktur. Doch diese Struktur hindert
uns manchmal und lässt uns zu starr sein. Zum Beispiel beim Ausbildungssystem. Hier
versuchen wir in Deutschland ja gerade, europäischer zu werden. Dabei ist es
auch wichtig, dass wir das beibehalten, was wir gut machen. Gleichzeitig können
wir pragmatischer und flexibler werden. Diese festen Strukturen passen nicht
mehr zur jetzigen Zeit. Wir können wesentliche Bausteine einer Ausbildung
standardmäßig vermitteln und darüber hinaus mit Modulen arbeiten, die dann
wieder in sich sinnhaft anpassbar sind. Pragmatismus und Flexibilität, das
können wir uns abschauen.
Natürlich wird sich unsere Produktion und dadurch die Arbeit der Menschen immer stärker verändern. Was lässt sich durch KI auffangen, auch im Zusammenspiel mit dem Arbeitskräftemangel, und wo kommt es auf uns Menschen an und darauf, was uns ausmacht. Das müssen wir herausfinden. Viele mittelständische Unternehmen sind noch beim Thema Digitalisierung und noch nicht beim Thema KI. Allerdings werden die Entwicklungs- und Veränderungsprozesse immer schneller, und deshalb ist Wandlungsfähigkeit entscheidend für die Unternehmen.
Ich habe bei Baker & Baker gerade eine zentrale Kernabteilung im Aufbau. Das ist ein sehr heterogenes Team in Bezug auf Alter, Geschlecht, Zugehörigkeit, Nationalität und Erfahrungsgrad. Als europäisches Unternehmen haben wir den Vorteil, dass wir durch die englische Sprache vergleichsweise einfacher andere Nationalitäten integrieren können. Das Fördern von Vielfalt als kulturelle Grundvoraussetzung für Integration ist meiner Meinung ein Schlüssel für die Zukunft. Offizielle Abschlüsse können sukzessive auf den deutschen Standard angehoben werden. Sprachkenntnisse können nebenberuflich ausgebaut werden. Andere Länder haben auch sehr gute Abschlüsse; da, wo es möglich ist, könnten wir zugewanderten oder geflüchteten Arbeits- und Fachkräften erstmal den Einstieg ermöglichen und dann sprachlich und/oder fachlich nebenbei darauf aufsetzen. In Zusammenarbeit mit Weiterbildungspartnern wie dem BNW. Das Gute ist doch: Die Kompetenz ist dann schon mal mit an Bord.