Das Anlagevermögen der Zukunft sind die Fähigkeiten der Beschäftigten
- Date 18. September 2019
Hannover, 18. September 2019. Zur langfristigen Sicherung des Wirtschaftsstandortes müssen in Niedersachsen entscheidende
Schritte erfolgen, um berufliche Bildung stärker in den Arbeitskontext zu bringen. 130 Experten aus Politik, Wissenschaft, beruflicher Bildung und betrieblicher Praxis sprachen am Mittwoch anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Bildungswerks der Niedersächsischen Wirtschaft (BNW) über Lösungen.
„In Zeiten des digitalen Strukturwandels und damit der Notwendigkeit, sich flexibel und kontinuierlich weiterzuentwickeln, wird die Erwachsenen- und Weiterbildung immer wichtiger für die Sicherung des Wirtschaftsstandortes Niedersachsen. Künftig müssen wir verstärkt auf individuelle Qualifizierung und gezielte Formate setzen. Für ein betriebsnahes Lernen sorgen Bildungsträger wie das BNW“, sagte Dr. Sabine Johannsen, Niedersächsische Staatssekretärin für Wissenschaft und Kultur.
Tobias Lohmann, Sprecher der BNW-Geschäftsführung: „Es geht um nichts Geringeres als acht Millionen Niedersachsen in die Digitalisierung mitzunehmen und große Teile der beschäftigten Bevölkerung zu qualifizieren, um sie auf die Aufgaben der Zukunft vorzubereiten.“ Denn mit der Anzahl technischer Möglichkeiten steige nicht automatisch die Anzahl menschlicher Fähigkeiten, so Lohmann weiter: „Teilhabe am Arbeitsmarkt und damit gesellschaftliche Teilhabe braucht berufliche Bildung, damit Beschäftigte mit dem aktuellen Stand der Technik Schritt halten. Genauso wichtig für eine starke Wirtschaft und Gesellschaft ist jedoch die digitale Souveränität von Menschen. Diese wird erreicht, wenn menschliche Fähigkeiten so ausgebaut werden, dass sie die technischen Möglichkeiten selbstbestimmt und eigenverantwortlich nutzen und weiterentwickeln können.“
Wie eine souveräne digitale Bildung in Unternehmen gelingen kann, darüber sprach die geschäftsführende Leiterin des Forschungsinstituts Bildung Digital der Universität des Saarlandes, Prof. Dr. Julia Knopf. Sie verdeutlichte, dass es nicht ausreiche, in der Firma einfach nur ein E-Learning-Tool einzuführen, zumal die meisten eine Qualitätssicherung vermissen ließen. „Mit der Denkweise, Lerninhalte zu nehmen und aus ihnen eine Art Super Mario-Videospiel zu machen, stoßen Unternehmen schnell wieder an ihre Grenzen. Der Schlüssel zu sinnvollem Lernen liegt vielmehr in der Verbindung von drei Dimensionen: Lerninhalte, didaktische Methoden und Technologie.“ Anhand von Beispielen aus unterschiedlichen größeren aber auch kleineren Unternehmen – präsentierte Prof. Knopf Lösungen für die Herausforderung, branchen- und fachspezifische Weiterbildungsangebote mit digitalen Medien zu entwickeln. Allen Fallbeispielen gemeinsam war die Interaktivität. Sie ermöglicht Beschäftigten aus den Unternehmen eine Mitgestaltung des Lernens. Damit erhöhen sich Qualität und Tempo des Lernprojekts gleichermaßen.
Nicht unbeachtet ließ Prof. Knopf die Skepsis in Wirtschaft und Gesellschaft, wenn es um Veränderung und damit auch digitale Bildung geht. Finanzielle und strukturelle Hürden beschrieben aus niedersächsischer Sicht Prof. Dr. Gerhard Wegner, Vorsitzender des Niedersächsischen Bundes für freie Erwachsenenbildung e.V., und Fritz Kelle, Leiter Personalwesen und Administration der hannoverschen VSM AG. Kelle bekräftigte, dass berufliche Bildung Unternehmensaufgabe sei und jede Firma in Niedersachsen sich mit individuellen Problemstellungen im digitalen Wandel auseinandersetzt. „Aus meiner Sicht sind Pioniere in den Unternehmen wichtig, die sich das Thema lebensbegleitendes Lernen zu eigen machen und es intern vorantreiben“, sagte der Mitbegründer und langjährige Vorstand des hannoverschen Unternehmensnetzwerks ZUKUNFTINC. An die Politik gewandt ließ Kelle verlauten: „Um dem Wettbewerbsdruck gewachsen zu sein, sind mehr
als die vorhandenen Fördermaßnahmen nötig.“
Fazit der BNW-Veranstaltung „Zukunft der beruflichen Bildung – Anforderungen, Chancen, Strukturen“: Nur, wenn die Möglichkeiten der Informationstechnologie, der künstlichen Intelligenz und das menschliche Können Hand in Hand gehen, wird die Digitalisierung Niedersachsens
Wirtschaft vorteilhaft verändern. Es sind und bleiben die Menschen, welche die Roboter steuern und technische Systeme kreativ weiterentwickeln. Eine moderne Kombination aus Informatik und Didaktik hilft Beschäftigten, genau dafür fit zu sein. Bildungsunternehmen wie das BNW stellen den Menschen in den Mittelpunkt beruflicher Bildung, um Beschäftigte zu selbstorganisierter Handlungsfähigkeit in fachlichen sowie überfachlichen Aufgaben zu führen.
Aber Selbstorganisation muss auch unterstützt werden: durch die Politik
und ihre Möglichkeiten der Förderung, durch die Unternehmen und ihre
Bereitschaft, in betriebsnahe Weiterbildung zu investieren und durch das
Netzwerk niedersächsischer Arbeitsmarktakteure, die dafür sorgen, das Zitat von John. F. Kennedy in den Köpfen zu verankern: „Es gibt
nur eins, was auf Dauer teurer ist als Bildung: keine Bildung.“
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